Die Kremser Dreifaltigkeitssäule – Forschung · Konservierung · Restaurierung
19/11/2010Sonderpreis für Innovationen – gestiftet von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
Die Dreifaltigkeitssäule in Krems/ Wachau, Österreich ist eines der bedeutendsten Kulturdenkmale der Stadt Krems. Seit der letzten Restaurierung im Jahr 1983 zeigten sich besonders im Bereich der Sockelzone bedrohliche Schadensbilder, die die statische Stabilität des Denkmales in Frage stellten und zum Erhalt der Substanz dringend eine erneute, nachhaltige Restaurierung erforderten. Aufgrund des hohen Risikos für das Denkmal erfolgte im Zuge der Vorbereitungen für die erneute Restaurierung eine genaue Zustandserfassung. Die vom Passauer Bildhauer Joseph Matthias Götz um 1738 errichtete Dreifaltigkeitssäule besteht im Wesentlichen aus dem sogenannten „Zogelsdorfer“ Kalksandstein. Der Schadenszustand dieses Denkmales ist z.T. auch auf die Behandlungen bei früheren Restaurierungen zurückzuführen. So wurde 1983 die auch schon damals notwendige Steinfestigung mit „Kieselsäureester“, dem damaligen Stand der Technik entsprechend, nur oberflächlich aufgebracht, wodurch es zu einer überhärteten Außenkruste auf dem tiefer liegenden, geschädigten Material kam.
Die überfestigte Kruste hat andere physikalische Eigenschaften als der Innenbereich und wird somit langfristig abgestoßen, womit die originalen Oberflächen mit all ihren Informationen unwiederbringlich verloren gehen. Neben dieser Schadensursache sind aber auch noch die über das Ziegelfundament aufsteigende Feuchtigkeit mit darin gelösten Schadsalzen zu nennen. Ein weiterer Angriff auf den Stein erfolgt aufgrund von atmosphärischen schwefelsauren Einflüssen die das Bindemittel Kalk zu Gips umwandeln, der zu einer Krustenbildung führt. Die starke Durchfeuchtung des Sockelbereiches begünstigte auch einen großflächigen, biogenen Befall mit Veralgungen und den damit verbundenen Verfärbungen der Gesteinsoberflächen. Diese komplexen Probleme erforderten ein wissenschaftlich fundiertes Restaurierungskonzept, in dem alle greifbaren Erfahrungen und technischen Möglichkeiten spezifisch zum Einsatz gebracht werden konnten. Die Sanierung der schweren Strukturschäden erforderte letztendlich eine Konservierungsmethode, die die Überbrückung der morbiden Schichten zwischen Außenzone und Innenmaterial ermöglichte. Die Restaurierung der Dreifaltigkeitssäule in Krems demonstriert erstmals, dass Objekte ohne Demontage vor Ort durch die Unterdrucktechnologie gefestigt werden können. Inzwischen wurde das Verfahren weiterentwickelt und objektspezifisch angepasste Maschineneinheiten gebaut.
Für den Denkmalschutz stellt das Vakuum-Kreislauf-Festigungsverfahren einen großen Gewinn dar, da dieses gleichermaßen bei großen wie auch kleinen Objekten rationell einsetzbar ist. Wissenschaftliche Untersuchungen in- und ausländischer Labore belegen die Effektivität. Mit dieser Technologie kann eine seit Jahrzehnten formulierte Forderung der Steinkonservierung erfüllt werden: Substanzschonende Zufuhr neuer Bindemittel in ausreichender Menge und mit erforderlicher Eindringtiefe! Dies vermeidet die bei oberflächlicher Festigung typische Schalenbildung und die daraus resultierenden Abplatzungen an den originalen Oberflächen der Kunstwerke.
Nach der Verpackung in Polypropylen-Vlies wird die Skulptur rundum in VKF-Folie eingeschweißt. An den höchstgelegenen Stellen werden die Vakuum-Sauger montiert, an den tiefstgelegenen Stellen die Festigungsmittelzufuhr. In mittlerer Höhe wird ein Unterdruckmanometer angeschlossen, um die Unterdruckeinstellung exakt vornehmen zu können.
Nachdem die Skulptur luftdicht verschweißt wurde, kann über das Verteilersystem (links vorne) und den Vakuumkessel die Luft mittels der Pumpen im Konservator evakuiert werden. Im Zuge dieses Vorganges wird die VKF-Folie an die Formen der Skulptur angelegt. Wenn die Folie exakt an die Oberflächen angepresst wurde, kann der Unterdruck gesteigert werden. Die Poren, Risse und Kapillaren des Sandsteines werden somit völlig entlüftet und die Aufnahmefähigkeit dadurch verbessert.
Nach der Entlüftung des Steines über den Zeitraum von ca. 1 Stunde steigt der Pegel des Steinfestigers bei einem Unterdruck von 900 mbar bis zur Absaugöffnung an. In dieser Position wird der Flüssigkeitsstand konstant über 3 Stunden gehalten. In diesem Zeitraum dringt der Kieselsäureester in alle geschädigten Zonen bis zum ungeschädigten Kern ein.
Sofort nach der Festigung werden an der Rückseite der Plinthen Kernbohrungen Ø 30 mm gezogen, um die Eindringtiefe des Kieselsäureesters an der Feucht-Trocken-Grenze ablesen zu können. Es wurde eine Eindringtiefe zwischen 5 – 8 cm erreicht. Dies bedeutet, dass die geschädigten Zonen überbrückt, und mit dem gesunden Innenmaterial homogenisiert werden konnten.
Das Vakuum-Kreislauf- Festigungsverfahren
Das VKF-Verfahren (nach Patent Vujasin) bietet die Möglichkeit, schützenswerte, freistehende und bewitterte Objekte auf hohem Qualitätsniveau zu konservieren. Der entscheidende Verfahrensvorteil ist das tiefe Eindringen unterschiedlicher Festigersysteme in das Gefüge von Naturstein oder sonstigen mineralischen Baustoffen. Die Eindringtiefe ist dabei je nach Konservierungsanspruch individuell steuerbar. Die VKF-Methode ist einfach, rationell und überall anwendbar. Da kein Materialüberschuss anfällt bzw. austreten kann, sind Anwender und Umwelt sehr gut geschützt. Der Anwendungsbereich kann mit wenigen technischen Änderungen auch auf die Entsalzung, Trocknung oder Begasung verschiedenster Objekte erweitert werden. Die zu behandelnden Objekte sind in ihrer Größe kaum beschränkt und werden luftdicht in lösungsmittelresistente Folien eingeschweißt. Anschließend wird an verschiedenen eingedichteten Stellen über eine Vakuumpumpe die im Foliensack bzw. Porenraum des Steines vorhandene Luft evakuiert. Nach Erreichung eines exakt regulier- baren Unterdruckes wird über ein einfaches Dosiersystem das geeignete Festigungsmittel zugeführt, welches sich im Unterdruck sofort gleichmäßig und tief im Stein verteilt. Dies geschieht vollkommen geruchlos und ohne Überschuss. Die Aufarbeitung enormer Schäden an staatlichem, kirchlichem und privatem Besitz, die durch mangelhafte Festigungs- bzw. Konservierungsverfahren der letzten Jahrzehnte verursacht wurden, verschlingen Millionen an Volksvermögen. Durch Unkenntnis dieser neuen Applikationsmethode wird vielerorts weiterhin mit unzureichenden – und nachweislich schädigenden – Applikationsmethoden gearbeitet. Die Bedeutung der VKF liegt darin, dass durch Erhöhung der Festigungsqualität eine entscheidende Verlängerung der Restaurierungsintervalle ermöglicht wird und dadurch Kulturgüter gerettet werden können.
www.bernhard-remmers-akademie.de/Broschüre20_2010.pdf